Berner Sennenhunde und ihre Lebenserwartung

Berner Sennenhunde und ihre Lebenserwartung

Die Lebenserwartung ist bei Berner Sennenhunden nachweislich viel niedriger als bei anderen Hunderassen.

Genetische Untersuchungen beim Menschen konnten einen Zusammenhang zwischen einem extrem hohen Lebensalter und seltenen Genvarianten feststellen. Davon lässt sich eine hohe Wahrscheinlichkeit ableiten, dass das Erreichen eines extrem hohen Lebensalters in höherem Maße genetisch bedingt ist, als das Erreichen eines mittleren Lebensalters. Neue Erkenntnisse hierzu konnte man beim Menschen über die so genannten Anti-Aging-Gene gewinnen. Dazu zählen DNA-Reparaturgene und Gene mit Einfluss auf das Zellwachstum, die einen entscheidenden Einfluss auf das Erreichen eines sehr hohen Lebensalters bei geringerer Krankheitsanfälligkeit haben. Daher erscheint ein züchterischer Ansatz für die Rasse Berner Sennenhund, der eine Positiv-Selektion von Tieren beinhaltet, die ohne schwerwiegende Erkrankungen sehr alt geworden sind, äußerst praktikabel, um die Lebenserwartung von Hunden dieser Rasse zukünftig erhöhen zu können.

Wertvolle Erkenntnisse durch jahrelange Datensammlung

Die wichtigste Eigenschaft eines Genoms ist seine Vielfalt: Neben Abschnitten, die bei allen Hunden gleiche Informationen enthalten, gibt es auch solche, die bei jedem Hund verschieden sind. Um entsprechende Informationen bei Berner Sennenhunden zu sammeln, startete der Schweizer Sennenhund-Verein für Deutschland e.V. (SSV) bereits vor über fünfzehn Jahren mit der Anlage einer Datensammlung über Lebend- und Totmeldungen und einer DNA-Datenbank. Aus dieser Datensammlung konnte eine Genotypisierung (genetischen Fingerabdruck) ausgewählter Hunde vorgenommen werden.

Dabei wurden zunächst über 173.662 genetischen Varianten die Genombereiche und Strukturvarianten identifiziert, die mit einer sehr langen Lebensdauer verknüpft sind. Auf der Basis dieser Information konnten schließlich für den Berner Sennenhund genomische Zuchtwerte entwickelt werden, die eine effiziente Zuchtwahl für eine sehr hohe Lebensdauer ermöglichen.

Abschätzung der Lebenserwartung anhand von Punktwerten

Im Rahmen der Auswertungen des gesammelten genetischen Materials wurden die genomischen Zuchtwerte für das Lebensalter auf einen Mittelwert von 100 und eine Standardabweichung von 20 Punkten für die Hunde mit einer Lebensdauer von unter 76 Monaten standardisiert. Hunde mit einem genomischen Zuchtwert um 100 Punkte tragen entsprechend dieser Skalierung Erbanlagen für eine mittlere Lebenserwartung von 76 Monaten.

Damit konnten genomische Zuchtwerte anhand einer Punktetabelle festgelegt werden. Hunde mit genomischen Zuchtwerten unter 80 Punkten haben demnach eine mittlere Lebenserwartung von 5,2 Jahren und eine maximale Chance 9 Jahre alt zu werden. Bei genomischen Zuchtwerten von 120-140 Punkten ist die mittlere Lebenserwartung 8 Jahre bei einem Maximum von 11 Jahren. Bei genomischen Zuchtwerten von 140-160 Punkten beträgt die mittlere Lebenserwartung 10 Jahre bei einem Maximum von 13 Jahren und bei genomischen Zuchtwerten über 180 Punkten beträgt die mittlere Lebenserwartung 12 Jahre bei einem Maximum von 13 Jahren. Anhand dieser Ergebnisse kann die Genotypisierung nun auf Berner Sennenhunden mit sicherem Nachweis eines histiozytären Sarkoms, (häufigste Todesursache beim Berner Sennenhund) im Vergleich zu zeitlebens gesunden und sehr alt gewordenen Berner Sennenhunden, erweitert werden.

Chromosomale Verteilung beim Hund im Vergleich zum Menschen

In den USA wurden Menschen mit besonders hohem Lebensalter auf Anti-Aging-Gene untersucht. Dabei wurden ca. 150 genetische Varianten gefunden, die bei 77 Prozent der Studienteilnehmer erklären konnten, warum einige Menschen über 100 Jahre alt werden und andere nicht. Die dabei gefundenen genetischen Varianten verteilen sich beim Menschen auf insgesamt 20 verschiedene Chromosomen. Die zum Hund korrespondierenden Genombereiche sind auf 29 verschiedenen Chromosomen lokalisiert. Da der Hund im Vergleich zum Menschen mit 46 Chromosomen einen mit 78 Chromosomen höheren Chromosomensatz besitzt, ergibt sich entsprechend eine größere Anzahl von Chromosomen für die korrespondierenden Genombereiche. In ähnlichen Studien beim Hund wurden auf 23 verschiedenen Hundechromosomen signifikante Beziehungen zum Lebensalter gefunden. Davon entsprachen 16 Chromosomen den beim Menschen gefundenen Chromosomen mit genetischen Varianten für ein hohes Lebensalter. An acht chromosomalen Positionen stimmten die Ergebnisse beim Berner Sennenhund mit denen beim Menschen überein.

Im Resultat ein längeres Leben

Bei den altersbestimmenden Genen, die man beim Menschen gefunden hat, handelt es sich vor allem um „DNA-Reparaturgene“ und Gene, die für das Zellwachstum verantwortlich sind. Insofern ist davon auszugehen, dass beim Berner Sennenhund auch Genvarianten vorhanden sind, die ernsthafte Erkrankungen verhindern und dem Hund langfristig ein längeres Leben ermöglichen.