MC Bomber, der Superbösewicht aus Prenzlauer Berg: „Ich mache mich über die Wokeness lustig“

Das neue Album von MC Bomber handelt nicht nur von klassischen Rap-Themen. Auch Schwabenmuttis und Berliner Imker spielen eine Rolle. Wir haben MC Bomber zum Interview getroffen.

Max Grambow aka MC Bomber beim Treffen mit der Berliner Zeitung in Prenzlauer Berg
Max Grambow aka MC Bomber beim Treffen mit der Berliner Zeitung in Prenzlauer BergMarkus Wächter/Berliner Zeitung

In heller Jeans, leichter Bomberjacke und den zeitlosen Samba-Sneakern treffen wir Max Grambow aka MC Bomber. Für das klassische Sprüher-Outfit fehlt nur die kleine Umhängetasche mit dem verschmierten Edding. Wir treffen uns in dem Café eines guten Freundes von ihm, im Ortsteil Prenzlauer Berg. Hier ist er geboren und aufgewachsen. In seiner Jugend waren dort die Wände noch grau und solche Cafés Mangelware. Dieser Tage erscheint sein neues Album: „Pberg-Battletape 6“. Im Interview erzählt uns MC Bomber, was Graffiti mit seiner Musik zu tun hat und warum ihn die Deutschrap-Szene nicht interessiert.

Herr Grambow, zuerst einmal: Wer ist MC Bomber?

MC Bomber ist mit Sicherheit ein Superbösewicht. Ein anderer Charakter als Max Grambow. Er kann Sachen sagen, die Max Grambow niemals sagen würde. Das entlastet mich ein wenig. Den Namen Bomber habe ich früher gesprüht und in den kalten Wintertagen 2013 ein MC vorgesetzt, als ich in der Wohnung von einem Freund mein erstes Mixtape aufnahm. Label-Deal und Live-Touren spielen war nicht intendiert. Das hätte ich mir damals nicht vorstellen können.

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Sie kommen aus der Berliner Graffiti-Szene, was bedeutet Graffiti für Sie und was hat es mit Ihrer Musik zu tun?

Das war Teil meiner ganzen Jugend, die geprägt war durch viele illegale Sprüh-Aktionen mit Freunden. Es war eine Form von jugendlicher, anarchischer Selbstverwirklichung. MC Bomber ist die Weiterführung davon, nur in verbaler Form, er überschreitet Grenzen wie ich damals beim Sprühen. Einen ähnlichen Thrill wie beim Besprühen einer S-Bahn habe ich heute bei Liveshows vor tausend Leuten. Bloß für die Auftritte kriege ich Geld und für das andere muss man im schlimmsten Fall eine Menge Geld abdrücken. (lacht)

Prenzlauer Berg ist Ihr Kiez, Ihre Heimat, was nervt Sie an Ihrem Bezirk?

Es gibt den guten Satz „Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muss.“ Und das ist im Prenzlauer Berg nur noch ein Stück weit so. Denn das, was der Prenzlauer Berg in den 1990ern und 2000ern mal war, ist eigentlich nicht wiederzuerkennen. Der große Ärger, dass sich der Kiez, wie ich ihn als Kind kennengelernt hab, so sehr verändert hat, ist jedoch weg. Die Wut, die ich mit 15 hatte, die habe ich so nicht mehr. Irgendwann ebbte der jugendliche Groll ab und ich resignierte und arrangierte mich. Früher haben wir den ganzen Tag auf Hinterhöfen rumgelungert, weil man alle frei betreten konnte. Die Fassaden waren zwar alle grau, aber es gab ein richtiges Kiez-Leben. Heute ist alles gehegt, gepflegt, steril und sehr bieder. Das ist der Lauf der Dinge.

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Markus Wächter
ZUR PERSON
MC Bomber
Max Grambow alias MC Bomber ist Rapper und Produzent, er wurde 1991 in Berlin-Prenzlauer Berg geboren. Seine Jugend verbrachte er in den Hinterhöfen im Kollwitzkiez. Im Alter von 22 Jahren fing er mit dem Rappen an.

MC Bomber im Interview: „Ich sehe mich als Ost-Berliner“

Was finden Sie gut an Berlin und was geht Ihnen tierisch auf die Nerven?

Das Nachtleben hat mir in Berlin immer gut gefallen. Das habe ich auch viele Jahre in vollen Zügen ausgekostet. Als Familienvater bin ich jetzt nachts nicht mehr so viel unterwegs. Heute schätze ich mehr das Umland von Berlin. Im Spreewald oder in der Uckermark lasse ich am Wochenende gerne die Seele baumeln. Etwas, das mich früher nicht gestört hat, ist auf jeden Fall die Berliner Unfreundlichkeit. Immer, wenn ich aus dem Urlaub zurückkomme, fällt sie mir besonders auf. Da wage ich die Zuschreibung „hart, aber herzlich“ in Bezug auf den Berliner an sich immer mehr zu bezweifeln.

Wie thematisieren Sie das Gute und das Schlechte von Berlin in Ihrer Musik?

MC Bomber ist ein typischer Vertreter des schlecht gelaunten Berliners. MC Bomber ist ein Lebemann, er ist nur nachts unterwegs und ist definitiv ein sehr unfreundlicher und unzugänglicher Mensch. Ein absolut 100-Prozent-Berliner. Kein verweichlichter Kosmopolit, der in irgendwelchen Cafés sitzt und Interviews gibt, wie Max Grambow. (lacht)

Ihr kommendes Album heißt „Pberg-Battletape 6“, es ist die sechste Episode der Reihe. Worum geht es und was können die Hörer im Vergleich zu den Vorgängern erwarten?

Es fügt sich sehr gut in die Battletape-Reihe ein. Es ist wieder sinnloser, beleidigender und pöbelnder Battle-Rap, der gehört selbstverständlich dazu. Aber auch lustige Geschichten über Schwabenmütter am Kollwitzplatz und Wespen-Imker auf Berlins Dächern. Ein Potpourri der guten Laune. (lacht)

Auch gesellschaftliche Themen werden auf dem neuen Album angesprochen: Politik, Gesellschaft und Rap, wie gehört das für Sie zusammen?

Ich würde mich auf Frank Zappas Begriff von „Social Comment“ berufen. Es sind eher Reflexionen oder vielleicht ein sozialer Kommentar, aber eine direkte Gesellschaftskritik ist es nicht. Ich mache mich über die Wokeness und die entgrenzte Identitätspolitik lustig, dabei sprenge ich mal wieder die Grenze des Tolerierbaren. Direktes Propagieren einer politischen Agenda gehört jedoch nicht zu meinem Rap. Kunst wird sehr oft schlecht, wenn sie eine politische Agenda oder Ideologie verfolgt.

Welche Verbindung haben Sie zum ehemaligen Ostdeutschland? Und was davon repräsentieren Sie in Ihrer Musik?

Dadurch, dass meine Eltern in diesem Land geboren sind, bin ich so geprägt und sehe mich als Ost-Berliner. Wenn man aus einer ostdeutschen Familie kommt, kriegt man gewisse Sachen in die Wiege gelegt, ich sag mal so: Ich sag Kaufhalle! (lacht) Aber in meiner Musik kommen solche Identitätsfragen nur am Rande vor und sie sollen meinen Rap nicht ausmachen.

Sie sind selbst Vater, hat das einen Einfluss auf Ihre Texte, Ihre Musik oder Ihren beruflichen Werdegang als Künstler? Würden Sie wollen, dass Ihr Kind diese Texte hört?

Einen Einfluss auf die Texte hat das nicht. Ich finde es ein wenig verlogen, wenn Künstler Kinder kriegen und dann auf einmal anfangen, über irgendwelche Blumen zu singen. Ich werde mich nicht limitieren und plötzlich anfangen, keine bösen Wörter mehr zu benutzen. Aber ich bin schon fleißiger geworden, weil ich jetzt eine Familie ernähren muss. Ich achte jetzt mehr aufs Geld, aber spiele meinem Kind meine Lieder nicht vor.

MC Bomber beim Treffen mit der Berliner Zeitung
MC Bomber beim Treffen mit der Berliner ZeitungMarkus Wächter

MC Bomber im Interview: „Ich höre keinen Deutsch-Rap“

Deutscher Rap verändert sich. Darüber rappen Sie auch auf Ihrem neuen Album. Empfinden Sie die Veränderung als gut oder schlecht? Welche Künstler holen Sie noch ab? 

Es gibt eine Handvoll Leute, die ich schätze und mit denen ich gerne zusammenarbeite, aber mit der Szene habe ich nichts zu tun, und das will ich auch nicht. Zu der Entwicklung von Deutsch-Rap möchte ich mich nicht äußern, weil es uninteressant ist, und wenn ich mich damit befassen würde, würde es mich anekeln oder aufregen. Ich habe dafür keine Zeit und bin da abgekapselt, weil ich selbst keinen Deutsch-Rap höre.

In Ihren Texten geht es um Drogen, Sex, Gewalt. Warum spielt die Verachtung von Frauen noch eine Rolle in Ihrer Musik, obwohl es das Jahr 2024 ist?

Abgesehen vom Frauenhass sind Drogen, Gewalt und Sex wichtige Themen. Der Rap, den ich mache, ist 2024 nicht mehr zeitgemäß, wer behauptet aber, dass MC Bomber zeitgemäß ist? Ich rappe auch auf Beats, die nicht mehr zeitgemäß sind. Ich kann nur noch mal betonen, dass es zwischen MC Bomber und Max Grambow eine klare Trennlinie gibt und man differenzieren muss. MC Bomber ist ein weißer, heterosexueller, konservativer, schlecht gelaunter Cis-Mann aus Ost-Berlin, der harte und provokante Musik macht. Warum sollte ich politisch korrekte Musik machen? Davon gibt es in Deutschland schon genug. Das würde mir erstens keiner glauben und sich zweitens auch nicht verkaufen.

MC Bomber: Pberg-Battletape 6