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Die Alpenländische Dachsbracke

 


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Die Alpenländische Dachsbracke
Von Sabine Middelhaufe

Österreich hat vier Laufhunderassen hervorgebracht: die Brandlbracke, die Tiroler Bracke, die Steirische Rauhaarbracke und schliesslich die Alpenländische Dachsbracke, die für den Neuling auf dem Gebiet vielleicht am schwierigsten einzuordnen ist.
Als die berühmten Maler und Hundefreunde Otto Grashey und Ludwig Beckmann 1886 den Namen „Dachsbracke“ für die Rasse vorschlugen, ahnten sie sicher nicht, dass sie für künftige linguistische Verwirrung, vor allem im Ausland, sorgen würden. Tatsächlich bezeichnet der Begriff „Bracke“ im Deutschen zwar von jeher den Laufhund, aber in der italienischen und französischen Sprache etwa ist mit Bracco bzw. Braque ausschliesslich der Vorstehhund gemeint.
Das Wörtchen „Dachs“ benennt natürlich eben dieses Tier, nur hat es mit der Arbeit der Dachsbracke rein gar nichts zu tun. Statt also, wie man irrtümlich vermuten könnte, das bevorzugte Beutetier dieser Hunde zu bezeichnen, soll der Rassenamen lediglich auf die Position zwischen den hochläufigen Laufhunden und dem wahren Dachshund, also dem Teckel hinweisen, der übrigens von der Dachsbracke abstammt.

Doch der Name dieses kleinen Jagdhundes ist auch noch aus einem anderen Grunde irreführend, denn hier handelt es sich ja nicht um einen üblicherweise selbständig und laut jagenden Laufhund, wie er in den benachbarten Ländern Italien, Schweiz, Frankreich und anderen, östlicheren Mittelmeerländern verbreitet ist, und der nur ausnahmsweise für die Schweissarbeit eingesetzt wird. Nein, die Alpenländische Dachsbracke gehört, gemeinsam mit dem Bayrischen Gebirgsschweisshund und dem Hannoverschen Schweisshund, zum erlauchten, offiziellen Trio der Schweisshunde.
In Österreich wird die Dachsbracke schon seit dem fernen 1932 für die Nachsuche geschätzt und verwendet; die FCI allerdings liess sich fast bis zum Ende des Jahrtausends Zeit, sie als ehrenwerten Gefährten der beiden grossen deutschen Kollegen anzuerkennen.
Im Grund muss man also die Dachsbracke korrekterweise als Schweisshund ansehen, der im Bedarfsfalle auch die "übliche" Aufgabe des Laufhundes erfüllt.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass man, um das Herkunftsgebiet der Rasse zu nennen und Verwechslungen mit der ebenfalls 1886 getauften Westfälischen Dachsbracke zu vermeiden, zunächst von der „Alpenländisch-Erzgebirgler Dachsbracke“ sprach, ein Name, der erst 1975 in das heute gängige „Alpenländische Dachsbracke“ umgewandelt wurde.

Nachdem wir nun das mögliche Missverständnis ausgeschaltet haben, die Dachsbracke mache Jagd auf Dachse, vielleicht gar in der Meute, wenden wir uns ihrer wirklichen Aufgabe zu, die vor allem in der Arbeit nach dem Schuss besteht. Dank ihrer ausgezeichneten Nasenleistung, ihrer enormen Resistenz gegenüber den Mühen der Jagd in bergigen Terrains, ihrer Spurreinheit, einer ausdrucksstarken und sicheren Stimme auf der Fährte und beim Standlaut und nicht zuletzt dank einer gehörigen Dosis Mut gegenüber dem wehrhaften Wild, brilliert dieser kleine Hund bei der Suche und Nachsuche auf krankes Schalenwild wie Rot,- Reh-, Muffel,- Dam- und Schwarzwild, indem er passioniert und ausdauernd der Schweissfährte folgt, ganz gleich ob diese 8 oder 24 Stunden alt ist, 200 oder über 1500 m lang.
Mit einer
Widerristhöhe von 34 - 42 cm (Idealgrösse: 36 - 38 cm) ist die Alpenländische Dachsbracke auch gross, beweglich und schnell genug, verletztes Wild zu verfolgen und zu stellen. In diesem Zusammenhang ist interessant zu bedenken, dass gerade die reduzierten Dimensionen der Rasse von Vorteil sind, denn wie die Jagdpraxis zeigt, stellt sich das flüchtende Wild einem relativ kleinen Verfolger viel eher als einem hochläufigen, grossen Hund oder gar einer ganzen Laufhundmeute.
Natürlich wird die Dachsbracke auch vor dem Schuss verwendet, etwa bei der Brackierjagd auf Hasen und Füchse , während dort, wo eine grosse Wildschweinpopulation präsent ist, ihre Arbeit darin besteht, die Rotte in Bewegung zu bringen und einzelne Stücke aus dem Verband zu lösen.
Der Apport, ob nun von Haar- oder Federwild, und innerhalb gewisser Grenzen sogar die Wasserarbeit, gehören zu den weiteren Qualitäten dieses vielseitigen österreichischen Hundes.
In der Schweiz, wo die Rasse in Jägerkreisen zunehmend beliebter wird, existiert seit 2007 ein eigenes Reglement für die Leistungsprüfungen der Dachsbracke, die in einer Anlagen,- Gebrauchs-, Vielseitigkeits- und Schweissprüfung bestehen.
Um die Zuchtzulassung zu erlangen, muss ein Hund die Gebrauchs- und Schweissprüfung (Übernachtfährte von mind. 500 m Länge) sowie die Wesensprüfung mit den geforderten Werten bestehen und zumindest einen guten Formwert erhalten.
In Österreich und Deutschland wird die Dachsbracke in fünf Disziplinen geprüft:
- Schweissarbeit, wobei die Nasenarbeit des Hundes (frei oder am Riemen) beurteilt wird, sein Verhalten bei Erreichen des Stücks, wenn möglich das Verhalten bei Hatz und Bail sowie die Anlage zum Totverbeller oder Totverweiser.
- Laute Jagd; hier geht es um den Suchstil, die Spursicherheit und den ausdauernden, energischen Spurlaut.
- Härte; bewertet wird die Schärfe, Wachsamkeit und Bereitschaft, das gefundene Wild zu verteidigen.
- Führigkeit im Revier, also die üblichen Gehorsamsfächer und das Verhalten auf Schuss.
- Freifach: Apport.
Damit eine Alpenländische Dachsbracke als zuchttauglich registriert werden kann, muss sie neben der eben genannten Prüfung natürlich auch die Eignungsprüfung des Rassevereins bestehen, ein ausgeglichenes, rassetypisches Wesen zeigen und eine Sonderleistung erbringen, die beispielsweise darin bestehen kann, wehrhaftes Schalenwild zu verfolgen und mit dauerhaftem Standlaut fest zu machen oder am Ende einer realen Schweissfährte das kranke, schwache Stück Schalenwild niederzuziehen.
Gegenwärtig geniesst die Alpenländische Dachsbracke ihre zahlenmäßig stärkste Verbreitung in Österreich und Deutschland, doch findet sie mehr und mehr Zuspruch auch bei Jägern in der Schweiz, Italien, Slowakien, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Norwegen.
Um in den verschiedenen Ländern ein möglichst gleichartiges Prüfungssystem zu schaffen wird seit 2002 jährlich und stets in einem anderen Land der "Internationale Leistungsvergleich für Alpenländische Dachsbracken" veranstaltet, der 2009 im slowakischen Oravska Lesna statt fand und von der aus Deutschland stammenden Hündin Hela vom Heisterbach gewonnen wurde; Platz zwei und drei gingen an Slowakien bzw. Ungarn.
Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass die Dachsbracke eine enorme Arbeitsfreude mitbringt, und so schön es ist, einen unermüdlichen und energischen Helfer zu Seite zu haben, einen echten Profi, ja fast möchte man sagen: einen workaholic, muss man sich als künftiger Führer natürlich fragen, ob man soviel "Berufseifer" auch wirklich befriedigen kann. Nicht zufällig geben viele deutsche und österreichische Züchter ihre Welpen vorzugsweise wenn nicht gar ausschliesslich an Berufsjäger und Förster ab, die die beachtlichen Fähigkeiten der Alpenländische Dachsbracke fast jeden Tag des Jahres nutzen können, sei es durch Ausbildung, Training oder realen Einsatz in der Praxis.
Um aus diesem Hund einen tüchtigen und angenehmen Assistenten zu machen muss man im Übrigen einige Besonderheiten seines Charakters respektieren: da die Dachsbracke recht frühreif ist, sollte die Grunderziehung schon im 3. Lebensmonat beginnen, und obwohl sie normalerweise freundlich und offen gegenüber Fremden ist, muss sie doch als voll ausgereifter Hund fähig sein, das zur Strecke gebrachte Stück zu bewachen und zu verteidigen und weitet diese Funktion unter Umständen auch auf den Jagdrucksack ihres Führers, sein Auto und sein Heim aus.
Und schliesslich sei noch daran erinnert, dass dieser Hund weder dafür gezüchtet noch dazu geeignet ist, in der Meute zu jagen, wie viele andere Laufhunderassen das tun, sondern es eindeutig bevorzugt, mit ihrem Meister allein zu arbeiten, zu dem sie dann im Laufe der Zeit ein sehr enges Verhältnis aufbaut.
Zusammenfassend darf man also sagen, dass die Alpenländische Dachsbracke ohne Zweifel ein faszinierender und wertvoller Jagdgebrauchshund ist, aber ihn nur wenige Male im Jahr einzusetzen wäre ein echte Vergeudung von Talent.

Alle Fotos zeigen die Hündin Shaka.
Fotos (c) Anita Züsli (Schweiz)

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